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Psychotherapeutische Gemeinschaftspraxis für Greven und das Münsterland

Psychologische Psychotherapeut*innen

Wolfgang Elger, Manuel Stein & Nora van Maklenburg

Therapieplatzmangel verstärkt sich wie erwartet unter Pandemie

Liebe Interessent*innen,

Sie werden bei Ihren Bemühungen um einen Therapieplatz die unerfreuliche Erfahrung gemacht haben, wie schwer es ist, auch nur an ein zeitnahes Erstgespräch bei ambulanten Psychotherapeut*innen zu kommen. Auch in unserer Gemeinschaftspraxis müssen wir fortlaufend Hilfesuchenden die bitteren Zustände unter der chronischen und pandemisch verstärkten Unterversorgung im Bereich der Psychotherapie an Telefon, in E-Mails oder persönlichem Kontakt vermitteln.

Viele Menschen, die bisher keinen Kontakt zu ambulanter Psychotherapie hatten, zeigen sich verständlicherweise überrascht, dass ihnen keine zeitnahe fachliche Versorgung zur Verfügung gestellt wird, dass psychisch erkrankte Menschen vom bundesdeutschen Gesundheitssystem vor solch hohe Hürden gestellt werden. Es sei hier nochmals dargestellt, dass dies bereits lange vor Pandemiebeginn der Fall gewesen ist und viele unserer Patient*innen über 6 Monate auf ihre Therapieplätze gewartet haben.

Die Covid19-Pandemie bzw. deren politisches Management haben diese Zustände aber selbstverständlich erheblich verstärkt. Die kollektiven Einschränkungen und individuellen wirtschaftlichen und sozialen Verluste haben bereits bestehende psychische Belastungen intensiviert. Manche Erkrankung ist so wieder aufgebrochen, andere Menschen haben erst aus den Folgen der pandemischen Lage eine psychische Überforderung bzw. Erkrankung entwickelt. Diese Entwicklung war von Fachleuten bereits im ersten Pandemiejahr vorher gesagt worden, jedoch waren diese noch von einem Ende der Pandemie in der ersten Hälfte 2021 ausgegangen.

Update: Eine in The Lancet veröffentlichte Studie berichtet global erhebliche Zunahme der Prävalenzen (bis zu 38%) depressiver und angstbezogener Störungen seit Beginn der Pandemie.

Ein Ende der Pandemie, wann immer dieses eintreten mag, wird nicht das Ende ihrer Folgen sein. Die psychischen Konsequenzen inklusive entsprechender therapiebedürftiger Erkrankungen werden noch über Jahre hinaus wachsen, bevor mit einer Normalisierung auf vorpandemisches Niveau zu hoffen ist. Daher muss das Therapieangebot dringlich dem objektiv gewachsenen Bedarf angepasst werden!

Mit der gesundheitspolitischen Flickschusterei, die bereits in der Vergangenheit nur temporäre kosmetische Effekte auf die psychotherapeutische Versorgungslage hatte, muss Schluss sein. Die Versicherten haben ein Anrecht auf zeitnahe Versorgung, das ihnen bereits jetzt versagt bleibt. Wann immer Fachmenschen diese Forderung erhoben, verwiesen die Verantwortlichen in der Vergangenheit auf das stationäre Versorgungssystem, das über die Wartezeit in Krise Geratene notfalls auffange. Abgesehen davon, dass es zynisch ist, Menschen so lange nicht ambulant zu behandlen, bis sie so in Not sind, dass sie eine stationäre Akutaufnahme in Anspruch nehmen müssen. Auch die stationären Angebote sind seit Monaten in Folge der pandemiebedingten Belegeinschränkungen überfüllt, überfordert und können weder die gleiche Zahl an Patient*innen behandeln, noch ist es realistisch, dass sie über die nächsten Jahre in der Lage sein werden, einen relevanten Anteil der ambulant Unversorgten aufzufangen. Von den noch prekäreren Zuständen in der Kinder-und-Jugend-Psychotherapie/Psychiatrie gar nicht erst zu beginnen ...

Die Zeit der Ankündigungen ist lange vorbei. Die Pandemiebekämpfung endet nicht bei Masken-Deals, Teststrategie und CoronaSchutzVerordnungen. Während die Kolleg*innen anderer Fachrichtungen noch in den Krankenhäusern, Pflegezentren und Praxen mit aller Kraft um die akute körperliche Gesundheit der Menschen ringen, hat parallel der Kampf gegen die psychischen Langzeitfolgen längst begonnen.

Was können Sie tun?

Diese Frage möchten wir zweigeteilt beantworten:

Politisch:

  • Sie können Ihren Bedarf bei der Terminservicestelle der KVWL anmelden und damit den gestiegenen Bedarf politisch sichtbar machen. Die Berichte der Therapeut*innen über gestiegene Nachfrage wurden in der Vergangenheit selten ernst genommen. Ein Anstieg der Nachfragen bei der TSS wird erfasst und ist in der poltischen Auseinandersetzung um die psychotherapeutische Versorgung vorweisbar.
  • Außerdem können Sie - wenn Sie sich dazu in der Lage fühlen - Ihren Bundestagsabgeordneten gleich welcher Partei via Brief oder E-Mail von Ihrer Not, einen zeitnahen Behandlungsplatz zu finden, berichten. Das mag seltsam klingen, aber tatsächlich hat sich in anderen Themenbereichen gezeigt, dass persönliche Kontakte zu den Delegierten und ihren Teams durch ihre Wähler*innen deutlich Einfluss auf deren Entscheidungen haben. Am wirksamsten dabei sind tatsächlich höfliche Telefonate.
  • Wenn Sie sich dazu selbst aus verständlichen Gründen nicht in der Lage fühlen, können vielleicht auch Freund*innen oder Angehörige das für Sie übernehmen.
  • Achten Sie bei allen Kontaktaufnahmen darauf, Ihre Privatsphäre zu schützen. Überlegen Sie sich vorher, wieviel Details Sie tatsächlich über sich preisgeben möchten.

Praktisch:

  • Grundlegende Informationen entnehmen Sie bitte der Broschüre Wege zur Psychotherapie der Psychotherapeutenkammer NRW.
  • Wenn Sie ländlich wohnen, beschränken Sie Ihre Therapieplatzsuche nicht ausschließlich auf Ihre nahe Umgebung. Das Verteilungsdichte der psychotherapeutischen Praxen auf dem Land ist geringer als in einer großen Stadt. Prüfen Sie, ob Sie in der Lage wären, mindestens 14tägig zu Terminen in die nächstgrößere Stadt zu fahren und beziehen Sie sie in ihre Suche mit ein.
  • Für Münster und das Münsterland beherbergt der PTN Münster eine Therapeut*innen-Liste. Außerdem finden Sie auf der Webseite Kontaktdaten und Sprechzeiten der dortigen Therapieplatzvermittlung.
  • In einigen Universitätsstädten gibt es Ausbildungszentren für Psychotherapeut*innen. Diese betreiben mitunter sog. Ausbildungsambulanzen, in denen Psycholog*innen zu Psychotherapeut*innen weitergebildet werden. Auch diese sind selbstverständlich hoch ausgelastet. Da dort aber viele Kolleg*innen gleichzeitig tätig sind, findet mehr Patient*innen-Fluktuation statt, sodass Sie eine statistisch höhere Chance haben, mal irgendwo dazwischen zu rutschen, als in einer ambulanten Einzelpraxis.
  • Kann Ihnen Ihre Krankenkasse nicht in zumutbarem Zeitraum (ca. 3 Monate) einen Behandlungsplatz anbieten, können Sie grundsätzlich auf die Möglichkeit des Kostenerstattungsverfahrens bestehen. Hier können Sie sich an approbierte Psychotherapeut*innen ohne Kassensitz wenden, die dann nach Bewilligung durch Ihre Krankenkasse die Psychotherapie durchführen dürfen. Dafür müssen Sie allerdings im Vorfeld einige Bedingungen erfüllen, die Sie bitte der Broschüre von Kassenwatch entnehmen.

Wir hoffen, Ihnen mit dieser Zusammenfassung der Situation etwas weitergeholfen zu haben und wünschen Ihnen trotz der beschriebenen und von Ihnen vermutlich bereits erfahrenen Hürden ein Gelingen Ihrer Therapieplatzsuche.

Das Praxisteam